Eine Photovoltaik-Anlage - bei der Kommunalwahl RLP 2024 ist die Energiewende ein wichtiges Thema

Rheinland-Pfalz Kommunalwahl RLP: Photovoltaik statt Landwirtschaft - darum ist ein Bauer so sauer

Stand: 08.05.2024 04:09 Uhr

Ein Landwirt soll gepachtete Äcker verlieren, weil dort künftig die Sonne Strom produzieren soll. Das macht den Bauern wütend. Wie kann das gelöst werden?

Lukas Henrich und seine Familie sind Landwirte in Steinfeld (Kreis Südliche Weinstraße). Sie bauen auf 200 Hektar Mais an, Zuckerrüben, Weizen, auch Wein. Das passiert teilweise auf gepachtetem Land - das die Familie Henrich aber nicht mehr lange nutzen kann. Grund ist eine so genannte Freiflächen-Photovoltaikanlage (PV):

Im Gemeinderat von Oberotterbach, dem Nachbarort von Steinfeld, sei lange über das Für und Wider einer Freiflächen-PV diskutiert worden, sagt Ortsbürgermeister Heinz Oerther (FWG). Nun könnte die Anlage 2026 gebaut und ans Netz gebracht werden. Zuständig ist ein Projektentwickler aus Alzey, hinter dem die Mainzer Stadtwerke und die Energieversorger Pfalzwerke und EWR stehen.

So viele Freiflächen-PV-Anlagen gibt es in RLP

In Rheinland-Pfalz sind derzeit rund 280 Freiflächen-Photovoltaikanlagen in Betrieb. Das geht aus dem Raumordnungskataster hervor. Wenn eine solche Anlage gebaut werden soll, wo aber zum Beispiel die Landwirtschaft Vorrang haben sollte, dann muss das von den beiden Struktur- und Genehmigungsbehörden (SGD) im Land abgenickt werden. Bei der SGD Süd laufen derzeit 16 solcher Genehmigungsverfahren. Das betrifft konkret geplante Projekte in den Kreisen Südwestpfalz, Kusel, Donnersbergkreis, Südliche Weinstraße und Mainz-Bingen und in den Städten Kaiserslautern und Neustadt/Weinstraße. Die SGD Nord hat nach eigenen Angaben Anfang des Jahres 2024 drei solcher Genehmigungsverfahren abgeschlossen.

Es ist ein umstrittenes Thema, das in den kommunalen Verwaltungen in Rheinland-Pfalz gerade besonders oft auf den Schreibtischen landet: Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV), die meist auf Feldern örtlicher Landwirte errichtet werden sollen. Das fordert die Gemeinden heraus - auch in der Westpfalz.

Landwirtschaft fordert: Photovoltaik erstmal auf Dächer

Beim Thema Freiflächen-PV wird von vielen Seiten an den Gemeinden im Land gezerrt. Projektentwickler klopfen an. Die Gemeinden selbst können am Betrieb einer solchen Anlage finanziell beteiligt werden - das ist gut für die oft klammen kommunalen Haushalte.

Für die Energiewende braucht es mehr PV-Anlagen: Ein Teil der Landwirtschaft will das auf landwirtschaftlichen Flächen unbedingt verhindern - Solar-Befürworter fordern einen schnelleren Ausbau.

"Die Konkurrenz durch Freiflächen-PV ist eines der drängendsten Probleme unserer Mitglieder", heißt es beim Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd. Der Verband fordert, erstmal Dächer und versiegelte Flächen wie Parkplätze für die Energiewende zu nutzen. Wenn PV, dann bitte auf Standorten, die wenig Ertrag bringen.

Für viele Landwirte in RLP wird das Bewässern der Felder bald teurer

Für viele Landwirte in RLP wird das Bewässern der Felder bald teurer

Solar-Befürworter Wolfgang Thiel von der "Initiative Südpfalz-Energie" kennt die Argumente der Bauern und Winzer und sagt: "Wir möchten eine gemeinsame Lösung finden, um den Energiebedarf zu decken, ohne dass Landwirte einen Schaden davon haben."

Er fordert, dass finanzielle Schäden, die den Landwirten bei der Energiewende entstehen, ausgeglichen werden. Dazu brauche es eine EU-weite Regelung. Außerdem rechnet Thiel vor: Eine Photovoltaik-Anlage erzeugt auf einem Hektar Land 44-mal mehr Energie als Mais, mit dem in einer Biogasanlage Strom erzeugt wird.

Agri-Photovoltaik an der Südlichen Weinstraße - Lösung mit Modellcharakter?

Für das Problem "Landwirtschaft oder Energiewende" hat ein Biolandwirt in der Südpfalz seine ganz eigene Lösung gefunden: Agri-PV. Also Solarmodule über Gemüsefeldern. So etwas hat Ralf Gensheimer zusammen mit einem Geschäftspartner in Offenbach (Kreis Südliche Weinstraße) gebaut. Der Bauer sagt: "Ich wollte kein Land verlieren."

Photovoltaik in Offenbach

Bio-Landwirt Ralf Gensheimer vor seiner Agri-PV-Anlage

Bei der Agri-PV-Anlage in der Südpfalz wurden zwei Hektar Feld mit Solarmodulen überdacht. "Darunter bauen wir hitzeempfindliche Sorten an wie Kohl, Fenchel und Spinat", erklärt Gensheimer. Durch den Schatten könnten diese Pflanzen im Sommer gut wachsen - wahrscheinlich sogar besser. Die Besonderheit: Regenwasser wird aufgefangen und in großen Tanks gelagert - zur Bewässerung.

Ich wollte kein Land verlieren, deswegen gibt es bei mir Agri-Photovoltaik. Ralf Gensheimer, Bio-Landwirt aus Offenbach (Queich)

Obwohl fast fertig, ist die rund eine Million Euro teure Agri-Photovoltaik-Anlage noch nicht am Netz. "Ich war vielleicht zu euphorisch", sagt Bio-Landwirt Ralf Gensheimer. Die Gemeinde Offenbach an der Queich stand direkt hinter dem Projekt, erzählt der Landwirt.

Doch noch fehlt die baurechtliche Genehmigung des zuständigen Kreises Südliche Weinstraße, der sich zum ersten Mal überhaupt mit einer Agri-PV-Anlage beschäftigen muss. Immerhin: durch das Mitte April beschlossene Solarpaket der Bundesregierung kann Gensheimer nun mit einem Strompreis rechnen, mit dem er die Anlage gut betreiben könnte.